Sozialpartner

GESCHICHTE

Die Sozialpartnerschaft in ihrer heutigen Form besteht seit 1946. Nicht zuletzt die schmerzhaften Erfahrungen der Zwischenkriegszeit und vor allem des zweiten Weltkriegs haben das Bewusstsein gestärkt, dass den großen Herausforderungen gemeinsam besser begegnet werden kann. Es entstand eine neue Qualität der Dialog- und Gesprächsbereitschaft.

Chronologie und Aktivitäten der österreichischen Sozialpartnerschaft seit 1945

1945: Gründung eines gemeinsamen Komitees zur Beratung dringlicher sozialpolitischer Probleme

  • Durch die Wiener Handelskammer und die Arbeiterkammer Wien

1945/1946: Gründung der Dachverbände

  • Bundeswirtschaftskammer
  • Österreichischer Arbeiterkammertag (Bundesarbeitskammer)
  • Österreichischer Gewerkschaftsbund
  • Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammer

1947: Gründung einer „ständigen gemeinsamen Wirtschaftskommission“

  • Damit setzten die Sozialpartner einen ersten konkreten Schritt zur Institutionalisierung der Sozialpartnerschaft.
  • Ziel war die wirtschaftspolitische Beratung der Regierung, insbesondere aber die gemeinsame Ausarbeitung einer durchgreifenden Neuordnung der Lohn- und Preispolitik.

1947 – 1951: Fünf Lohn-Preisabkommen

  • Diese repräsentierten die ersten freiwilligen Vereinbarungen der Sozialpartner.

1957: Errichtung der „Paritätischen Kommission für Lohn- und Preisfragen“

  • Auf Initiative des vormaligen Präsident der Bundeswirtschaftskammer und damaligen Bundeskanzler Julius Raab und des ÖGB-Präsident Johann Böhm.
  • Ursprüngliche Aufgabe der Kommission war es, die Notwendigkeit von Preiserhöhungen vor ihrem Wirksamwerden sowie die Höhe und Dringlichkeit neuer Lohnforderungen seitens der Gewerkschaften zu prüfen.
  • Sie entschied letztlich, ob die Kollektivvertragspartner in Verhandlungen einzutreten hätten.
  • Die Kommission, in der die Spitzenrepräsentanten der Regierung und der vier großen Interessenverbände vertreten sind, kennzeichnet strengste Parität bei der Kooperation, sowohl zwischen Regierung und Sozialpartnern als auch zwischen ÖVP und SPÖ.
  • Die Erarbeitung von Strategien und Maßnahmen sowie allfälliger Konfliktlösungen erfolgte in den vier Unterausschüssen der Kommission. Bis zum Jahr 1963 entstanden drei Unterausschüsse.

1958: Gründung des Paritätischen Ausschusses für Kartellangelegenheiten

  • Wurde mit der Erstellung von Gutachten für das Kartellgericht über die volkswirtschaftliche Rechtfertigung eines Kartells beauftragt.

1958: Gründung des „Preis-Unterausschusses“

  • Dieser Unterausschuss sollte die Kommission dabei unterstützen, ein stabiles Preisgefügt zu gewährleisten.
  • Konnte Preiserhöhungsanträge genehmigen, reduzieren, zurückstellen oder an die paritätische Kommission weiterleiten.

1962: „Raab-Olah-Abkommen“

  • Gründung eines weiteren Unterausschusses für Lohnfragen durch das „Raab-Olah-Abkommen“ zwischen der Bundeswirtschaftskammer und dem Gewerkschaftsbund.
  • Julius Raab, von 1953 – 1961 Bundeskanzler, war damals Präsident der Bundeswirtschaftskammer
  • Franz Olah: Präsident des ÖGB

1963: Gründung des Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen

  • Als dritter Unterausschuss der Paritätischen Kommission
  • Wurde geschaffen, um eine breitere Basis für eine Mitgestaltung der österreichischen Wirtschaftspolitik zu schaffen.
  • Die in diesem Unterausschuss tätigen Experten der Interessenverbände wurden mit der Aufgabe betraut, wirtschafts- und sozialpolitische Fragen unter gesamtwirtschaftlichen Aspekten zu betrachten und entsprechende Empfehlungen für die Bundesregierung zu erarbeiten.

1968: Einführung der „Wirtschaftspolitischen Aussprache“

  • An dieser nehmen neben einzelnen Mitgliedern der Paritätischen Kommission auch der Präsident/Vizepräsident der Österreichischen Nationalbank und der Leiter des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO) teil.

1968: Gründung des „Verbändekomitees“

  • Gegründet von Finanzminister Stephan Koren
  • Dieses sah Treffen zwischen dem Finanzminister, den Sozialpartnern und der Nationalbank vor.

1972: „Benya-Sallinger-Stabilisierungsabkommen“

  • Um durch Lohn- und Preismäßigung Inflationserwartungen zu brechen
  • Rudolf Sallinger war Präsident der Bundeswirtschaftskammer
  • Anton Benya war ÖGB-Präsident

1987: Arbeitsgruppe für europäische Integration

  • Teilnahme an der Arbeitsgruppe für europäische Integration, im Rat für Fragen der österreichischen Integrationspolitik

1989: Gemeinsame Stellungnahme „Österreich und die europäische Integration“

1990: Gemeinsames Konzept zur Pensionsversicherungsreform

  • Wurde auf Wunsch der Regierung entwickelt.

1991: Gemeinsame Stellungnahme „Österreich und der Europäische Wirtschaftsraum

1992: Reorganisation der Paritätischen Kommission

  • Der vormalige Preisunterausschuss widmete sich von nun an in seiner Funktion als Wettbewerbs- und Preisunterausschuss verstärkt Fragen betreffend die internationale Wettbewerbssituation einzelner Wirtschaftszweige.
  • Zusätzlich gründeten die Sozialpartner den „Unterausschuss für Internationale Fragen“.
    Aufgabe: die internationale Entwicklung in den für die Sozialpartner relevanten Politikbereichen zu verfolgen und Entscheidungen der europäischen Interessenverbänden und Institutionen zu koordinieren.

1992: Abkommen „Sozialpartnerschaft Neu“

  • Die darin enthaltenen erweiterten Zielbereiche der Sozialpartner stellten die sozialpartnerschaftliche Zusammenarbeit auf eine neue Grundlage.

1994: „Europa-Abkommen

  • Die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP sicherten den Sozialpartnern „in wichtigen sie berührenden Fachfragen die gleichberechtigte Teilnahme an der österreichischen Entscheidungsvorbereitung und Entscheidungsfindung im Rahmen der EU“ sowie die Einbindung in die österreichische Vertretung in Brüssel zu. Nach dem österreichischen EU-Referendum 1994 wurden die Information der Sozialpartner und die Berücksichtigung ihrer Stellungnahmen im Rahmen der Rechtsetzung der Europäischen Union in einem eigenen Bundesgesetz geregelt.

Seit 1995: Einbindung in den europäischen Sozialen Dialog

  • Übernahme von Spitzenfunktionen der europäischen Verbände durch österreichische Vertreter der Sozialpartnerschaft.

1996: Positionspapier zur EU-Regierungskonferenz

2003: Umsetzung des Sozialpartnervorschlages zur „Abfertigung neu“ 

2006: Bad Ischler Dialog der österreichischen Sozialpartner: Bad Ischler Deklaration 2006

  • Der Bad Ischler Dialog wurde im Jahr 2006 ins Leben gerufen und ist die zentrale Großveranstaltung der österreichischen Sozialpartner. Zielsetzung des Bad Ischler Dialogs ist es, auf zukunftsweisende Themen aufmerksam zu machen, gemeinsame Positionen der österreichischen Sozialpartner zu erstellen und diese an die Spitzen der österreichischen Bundesregierung zu kommunizieren und mit ihnen zu diskutieren.

2007:

  • Bad Ischler Dialog zum Thema: „Chance Bildung“
  • Volle Einbindung der freien Dienstnehmer in die Sozialversicherung
  • Arbeitslosenversicherung auch für Selbständige
  • Arbeitsmarkt Zukunft 2010 – Jugendbeschäftigungspaket – Ausbildung für alle Jugendlichen – Schrittweise Öffnung des Arbeitsmarkts gegenüber den neuen EU-Staaten

2008: 

  • Bad Ischler Dialog zum Thema „Ein soziales Europa“
  • Aktionsplan für ältere ArbeitnehmerInnen

2009: 

  • Bad Ischler Dialog zum Thema „Wege aus der Krise“
  • Weißbuch – Herausforderungen in der Energiepolitik
  • Österreich und die internationale Finanzkrise: Reformvorschläge, Kurzarbeitsmodell neu

2010: 

  • Bad Ischler Dialog zum Thema „Wachstum – Beschäftigung – Integration“
  • Einigung zum nationalen Aktionsplan Gleichstellung
  • Beiratsstudie zur Zukunft der Wettbewerbspolitik in Österreich
  • Konzept zur Schulverwaltungsreform

2011:

  • Bad Ischler Dialog zum Thema „Arbeitsmarkt und soziale Systeme“
  • Zwei Bildungsgipfel mit der Bundesregierung
  • Maßnahmen zur Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters
  • Lehrlingsförderung neu
  • Beiratsstudie: „Migration und Integration“

2012:

  • Bad Ischler Dialog zum Thema „Zukunft Europa“
  • Umsetzung der Rot-Weiß-Rot-Karte
  • Erst flächendeckende Überprüfung von Bildungsstandards in Mathematik
  • Einführung des Unterrichtsgegenstands „Berufsorientierung“ im Lehrplan der Neuen Mittelschulen

2013:

  • Bad Ischler Dialog zum Thema „In die Jugend investieren“

2014:

  • Bad Ischler Dialog zum Thema „Industriepolitik vor dem Hintergrund klima- und energiepolitischer Zielsetzungen“
  • EU-Wahl 2014: Wahlaufruf und Informationsoffensive: „EUROPA – was ist jetzt“
    Informationsoffensive der österreichischen Sozialpartner mit der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE)
  • Sozialpartner-Initiative: „Faire Vergaben sichern Arbeitsplätze“ – Best- statt Billigstbieterprinzip
  • Gipfel der Regierungsspitze mit den Sozialpartnern und der Industriellenvereinigung über Lehrlinge, Bildungs- und Ausbildungsreformen sowie über die politischen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Ukraine-Krise
  • Sozialpartner-Briefe zu EU-Klima- und Energiepolitik im Vorfeld der Europäischen Räte im März und Oktober 2014
  • Mehr Mittel für aktive Arbeitsmarktförderung
  • Eingliederungsbeihilfe verbessert
  • Mehr Mittel für die schulische Ganztagsbetreuung
  • Die schulische Tagesbetreuung wurde um ca. 10.000 Plätze ausgebaut
  • Vereinfachung der Arbeitszeitaufzeichnungen
  • Konferenz „50 Jahre Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen – Den Wandel gestalten“
  • Studie „Effizienz – Rechtsstaatlichkeit – Transparenz im österreichischen Wettbewerbsrecht“

2015:

  • Bad Ischler Dialog zum Thema „Digitale Wirtschaft und Arbeitswelt“
  • Neue und modernisierte Ausbildungsordnungen im Rahmen des Lehrberufspakets 2015
  • 10-Punkte-Programm zur Umgestaltung und Weiterentwicklung der Elementarbildung
  • Sammlung von Best-Practice-Beispielen zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern in Kollektivverträge

2016:

  • Bad Ischler Dialog zum Thema „Migration und Integration“
  • Ausbildung bis 18
  • Lehrberufspaket 2016

Dokumente
  • Austria 2016 - Deklaration der Sozialpartner

  • Sozialpartnerabkommen von 1992

  • Sozialpartnerschaft in der Zweiten Republik